Hansenhaus Rechts - Gemälde

Hansenhaus Rechts - Gemälde
Hansenhaus Rechts zu Marburg an der Lahn ca. im Jahre 1897 - Gemälde von Friedrich (Fritz) Klingelhöfer (04.061832 - 09.11.1903) Marburger Landschaftsmaler - Bildarchiv Foto Marburg 221331

Montag, 31. Dezember 2018

Silvesterspaziergang zum Hansenhaus Rechts im Jahre 1930


Heute vor 88 Jahren unternahm Herr D. Buismann einen Spaziergang am Silvestertage zu dem Hansenhaus Rechts.

Dieser Spaziergang wurde von ihm in einem Brief an den damaligen Wirt der Schmenners auf dem Hansenhaus Rechts,  Friedrich Carl (Fitz) Schmenner, festgehalten. 

Sylvesterspaziergang 1930
 
Des Jahres letzter Tag ist gekommen. Wie gewöhnlich an jedem Mittwoch
machen wir gemeinsam unseren Spaziergange. Der vor einigen Tagen gefallene Schnee, der zum Jahresbeginn eine hübsche Winterlandschaft erwarten ließ, ist wieder verschwunden. Düster und nebelig liegen die Strassen; trotz des Marktes ist wenig Leben in der Stadt. Nur hie und da sieht man einige Bauernleute, die, vom Markttreiben gesättigt, mit ihren im Sonntagsstaat prangenden Kindern heimziehen. Da und dort wird noch gekehrt; die letzten Vorbereitungen für den würdigen Empfang des neuen Jahres werden getroffen. Ein junges Paar tritt aus einem Laden. Er wiegt eine eingewickelte Flasche in der Haad, und sie wiegt ein Pappschälchen mit einer Delikatesse vorsichtig vor sich her. Sie treten gleich auf den Fahrweg, schreiten über die Strasse, und in Erwartung der fidelen Sylvesterfeier ziehen sie vergnügt heimwärts.

Unser Weg führt hinaus aus der Stadt. Wenige Leute begegnen uns oder gehen mit uns in derselben Richtung. Die Arbeiter, die frühzeitig Feierabend gemacht haben, kehren heim, um rechtzeitig bei den Ihren zu sein. Von dem getauten Schnee und dem letzten Regen sind Strassen und Wege feucht und unsaubere. Daher wird auch unser Bummel nicht über das gewohnte Maß ausgedehnt, obwohl  ein längerer Spaziergang in eine schöne Winterlandschaft hinein nach einigen Festtagen ein Genuss gewesen wäre. Der Nebel verdichtet sich zu feinem Regen, und daher freuen wir uns, als wir bald unser Ziel, die idyllisch gelegene Gartenwirtschaft, erreicht haben.

Heute sind wenig Gäste dort oben. Die Studenten feiern ihre Ferientage daheime. Die Mädchen aus den Pensionen sind auch während der Feiertage zu den Eltern gefahren, um dort das Weihnachtsfest zu verleben. Zwei einheimische Studenten, die ihren Nachmittagsausflug beendet haben, trinken dort Kaffee. In der einen Ecke der Veranda sitzt eine Schwester aus der Klinik, die ihre Freistunde zu einer Wanderung durch den Wald benutzt hat. In einer Ecke der Gaststube sitzt ein Paar, das vor sich blickt oder über unsere Köpfe hinwegsieht, wenn wir vorbeigehen und grüssen wollen. Wir kennen sie, aber sie wünschen aus bestimmtem Grunde nicht gegrüßt zu sein. Hinter uns im Gastzimmer legt gerade ein Grünrock seinen Rucksack ab; auch er will nach vollbrachtem Tagewerk sich ein wenig ruhen und laben, bevor er auf seine einsame Stube zurückkehrt.

Wir sitzen am Fenster und lassen unsere Blicke über die im Tal und auf der gegenüber liegenden Höhe liegende Stadt schweifen. Die Dämmerung ist hereingebrochen, und immer mehr Lichter leuchten auf, die wie Sterne aus der Tiefe zu uns heraufgrüßen. Heute. erscheint der Wirt selbst wie an anderen Tagen, an denen wenig Betrieb ist. Aber es ist eigenartig. Wir haben den Kellner doch eben gesehen; er saß an dem runden Tisch in der Nähe der Theke. Heute hatte er allerdings den weißen Kittel nicht an, und vor ihm stand ein Glas Wein, ich setzte mich für ein paar Augenblicke zu ihm, und wir erzählten uns. Da erfuhr ich von ihm, dass er heute geladener Gast sei, den der Wirt wie alle anderen Gäste bediene. Ein ganzes Jahr steht er zu jeder geschäftigen Stunde dem Wirt zur Verfügung; am Sylvestertag ist sein Feiertage. Die Rollen werden vertauscht. Für beide ist es eine Stunde der Freude, so im umgekehrten Verhältnis zueinander zu stehen. Dem Wirt merkt man an, dass es ihm ein Bedürfnis ist, das Wort von der dienenden Liebe in die Praxis umzusetzen.
D. Buisman

Hansenhaus Rechts zu Marburg an der Lahn - Zeichnung ca. 1933+ - Privatbesitz


Der Original-Brief:



 


Montag, 24. Dezember 2018

Aus dem Familienalbum: Weihnachten 1932

In der Rubrik
Aus dem Familienalbum

werden in loser Reihenfolge Photographien kommentiert vorgestellt.

Bis Anfang der 1970er Jahre war es üblich, dass die Familie sich am Heiligabend nach dem gemeinsamen Essen im Wohnzimmer von Friedrich Carl (Fritz sen.) und Erna Schmenner in der ersten Etage des Hansenhaus Rechts zur Bescherung trafen.

Heute würde man dazu sagen: The same procedure as every year...

Fast 50 Jahre erblickte man am Heiligabend beim Betreten des Wohnzimmers hinten in der rechten Ecke an der westlichen Aussenwand die fast bis zur Zimmerdecke reichende Standuhr mit einem festlich geschmückten Weihnachtsbaum davor.

In der Mitte des Zimmers stand wie eh und je ein großer Tisch. Auf diesem waren für jeden die Weihnachtsgeschenke aufgebaut.

Das Familienoberhaupt Friedrich Carl (Fritz sen.) hatte ein Faible für die Photographie. So war es üblich, dass bei fast jeder Gelegenheit der Augenblick in einem Photo festgehalten wurde. So auch ein jedes Jahr am Heiligabend.

Die heutige Photographie aus dem Familienalbum zeigt die Familie Schmenner nebst Kindermädchen am Heiligabend 1932 hinter dem großen Tisch mit all den Weihnachtsgeschenken.

Von links nach rechts: Die Eltern Friedrich Carl (Fritz sen.) Schmenner und Ehefau Erna, geb. Uhlig
mit ihren Kindern Fritz Walter (Fritz jun.), Hella und Freia und dem Kindermädchen Frau Hoffmann





Sonntag, 2. Dezember 2018

Bushaltestelle Hansenhaus

Bushaltestelle Hansenhaus

Dort, am Fuße der großen Pappeln, wo sich bis Anfang der 1960 Jahre folgende Wege

Großseelheimer Straße

Zufahrt zur Revierförsterei Hansenhaus

Der ehemalige Gerichtsweg, davor alter Kaffweg, mit der Zufahrt zum Hansenhaus Rechts
 
Der damals "verlängerte" Kaffweg mit Zufahrt zum Hansenhaus Links. 
(Offiziell endete der Kaffweg an der Grenze des Hansenhaus Links)

trafen, war die Endstation der Städtischen Busse an Bushaltestelle Hansenhaus.

Für den Verfasser dieses Beitrages war dies während seiner Schulzeit ideal, musste er doch nur 100 Meter bis zum Bus laufen. Der Bus machte an dieser Haltestelle immer ein Stop von ca. 15 Minuten bevor er wieder zurück in die Stadt fuhr. Diese 15 Minuten konnte man morgens perfekt für seine Hausaufgaben vom Vortag nutzen.

Das Foto wurde in der ersten Hälfte der 1960er Jahre aufgenommen. Der Standort des Photographen war der damalige Parkplatz des Hansenhaus Rechts. 
Links hinter dem Bus, im war die Zufahrt zum Hansenhaus Links. 
Durch die beiden Pappeln, hinter dem Bus, fuhr man über Serpentinen auf den Lahnberg. Dort waren die Abfahrten nach Spiegelslust/Bauerbach/Kirchhain, nach Sonnenbelick und Schröck. 
Rechts im Hintergrund steht die Reviertförsterei Hansenhaus. 
Das weiße Haus des damals ehemaligen Försters Böhm im rechten Vordergrund steht heute inmitten von vier Straßen an der Abfahrt zum Richtsberg.

Übrigens, in den 1950er Jahren war die Bushaltestelle auch die Anfangshaltestelle bzw. die Endhaltestelle für die Bewohner von Schröck und dem Sanatorium Sonnenblick.


 

Samstag, 1. Dezember 2018

Bau- und Lagepläne: Hansenhaus Rechts anno 1886

Die Schmenners auf den Hansenhäusern waren alle naslang etwas am bauen. Meist wurden die bestehenden Gebäude erweitert bzw. die fast immer nur mit frischen Holz erbauten Scheunen von Grund auf erneuert.

Unter der Rubrik  
Bau- und Lagepläne 

werden alle noch verfügbaren Pläne und Zeichnungen der immerwährenden Bautätigkeiten über einen Zeitraum von rund 100 Jahren vorgestellt.

Die älteste in Teilen noch erhaltene Bauzeichnung stammt vom 05. März 1886.

Friedrich Schmenner (24.02.1854 - 11.11.1918) erweiterte sein damals noch sehr kleines Hansenhaus I (Jahre später Hansenhaus Rechts genannt) um einen Anbau nebst Hinterbau.

Das Ur-Hansenhaus war lediglich ein kleines schmales Gebäude mit ca. 50 / 60 qm Grundfläche.

Dieses kleine schmale Ur-Hansenhaus wurde um den Hinterbau (3,80 m x 3,80 m) verlängert.

Der rechten Hälfte des Ur-Hansenhaus wurde ein Anbau mit einer Grundfläche von rund 45 qm (8,60 m x 5,20 m) vorgesetzt und beides aufgestockt. So entstand die heutige Form des Hauptgebäudes.

Der Anbau an das Hauptgebäude war nur zur Hälfte unterkellert. Dieser Keller war nur von Außen erreichbar. Der noch heute von innen erkennbare Eingang befand sich vor der Eingangtreppe zu dem damaligen Gastronomieraum, der Wirtschaft.


Eine Verbindung des Hinterbaus mit dem Anbau erfolgte Jahre später.

Ebenso erfolgte Jahre später der Umbau des damals eingeschossigen Gastronomieraumes, der Wirtschaft, und heutigen Thekenraumes zu seiner heutigen Form. Die Grundfläche wurde verdoppelt und das Gebäude aufgestockt.

Die uns heute bekannten Anbauten wie Saal, Terrasse und Toiletten erfolgte in den Jahren 1906 bis 1933.




Freitag, 23. November 2018

Der direkte Weg zum Hansenhaus


Der Kaffweg

Der direkte Weg von Marburg zum Hansenhaus und später zu den Hansenhäusern war seit jeher der durch den Marburger Vorort Weidenhausen, an der unteren Sieche und St. Jost vorbei, den Kaff über den Kaffweg hoch.


Der Kaffweg war ein nicht befestigter Weg, ohne Bürgersteig und Beleuchtung. Einen Winterdienst wie wir ihn heute kennen gab es auch nicht.

Erst um 1900, mit Beginn des Baues der Landwirtschaftlichen Versuchsanstalt, der Solmschen Villa und des ATV.er Haus im Jahre 1912 wurde der Kaffweg stückchenweise befestigt und die bebauten Grundstücke an die städtische Versorgung angeschlossen.

Im Jahre 1932 wurde die Autoumgehungsstraße, der Krummbogen, zwischen Weidenhausen und der unteren Sieche mit St. Jost gebaut. Für dieses Bauvorhaben wurde sehr viel Erde benötigt. Diese gewann man unter anderem mit dem Abtragen eines Steilhanges zum Kaffwald rechter Hand am Kaffweg.

Dieser besagte Hang befand sich gegenüber des 1912 gebauten ATV.er Haus. Während der Bauarbeiten ereignete sich ein schwerer Sprengstoff-Unfall.

Quelle: Wolfgang O. H. Schmenner (WOHSCH / SDS Marburg) - Der Kaffweg gegenüber des ATV.er Haus. Noch nach 84 Jahren ist der damalige Eingriff in die Natur.

Die Oberhessische Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom Mittoch, den 23.11.1932 folgendes:

Schweres Sprengstoff-Unglück am Kaffweg
1 Toter und 3 Schwerverletzte


Heute morgen gegem 8.30 Uhr ereignete sich am Kaffweg, wo bekanntlich zur Zeit ein Abhang abgegraben und Sprengungen vorgenommen werden, um Erde für den Ausbau der Autoumgehungsstraße zu gewinnen, eine Sprengstoff-Explosion. Die Arbeiter Simon, Klee und Brusius von hier bzw. aus Ockershausen wurden schwer verletzt.

Zudem Unglücksfall ist noch folgendes mitzuteilen:

Die Unglücksstelle liegt gerade gegenüber dem ATV.er Haus am Kaffweg. Am Montag waren hier zwei Sprengstoff- ladungen angebracht,die zur Explosion gebracht worden waren. Am gestrigen Tage wurden nun zwei weitere Schüsse in einer Tiefe von 1,80 Metern gelegt mit der Bestimmung, daß falls von den ersten Sprengladungen noch etwas übrig geblieben war, durch die neuen Sprengungen der Rest beseitigt würde.

Heute morgen fingen nun die Arbeiter an zu arbeiten und dabei schlug der getötete Arbeiter Rhiel mit einer Spitzhacke auf die steckengebliebende Sprengpatrone.

Diese muss zur Explosion gekommen sein und das Unglück herbeigeführt haben. Der Arbeiter Rhiel wurde 6 Meter weit auf die andere Straßenseite geschleudert. Die Schädeldecke war dem Bedauernswertem vollkommen abgerissen. Die drei in der Nähe befindlichen Arbeiter wurden erheblich verletzt und später in die Chirurgische Klinik eingeliefert.

Ob und wie weit ein Verschulden der Bauleitung oder des Sprengmeisters vorliegt, muß die eingeleitete Untersuchung ergeben. Der Sprengmeister wurde sofort auf der Polizei einem eingehenden Verhör unterzogen. Die Gerüchteüber die Verhaftung des Sprenmeisters entsprechen nicht den Tatsachen.

Die Explosion wurde heute vormittag fast in der ganzen Stadt gehört.

Eigentlich ist es ein Wunder, dass die Arbeiten bisher ohne größeres Unglück verliefen, denn durch die Sprengungen werden die Steine oft, wie uns Augenzeugen berichten, bis zur Höhlsgasse geschleudert. Gestern flog z. B. ein Stein durch ein Fenster des ATV.er Hauses in das Zimmer eines dort wohnenden Studenten, der glücklicherweise aber nicht verletzt wurde.

Die Arbeiten an der Baustelle mußten infolge des Unglücks für heute eingestellt werden.



Licht an!


Das ungeliebte Bürgerliche Gesetzbuch

Im fernen Berlin hatte 1896 der Reichstag ein neues Gesetzeswerk beschlossen. Der Name dieses Gesetzbuches war "Bürgerliches Gesetzbuch", abgekürzt BGB. Es trat mit Beginn des 01. Januar 1900 in kraft.

Kurz vor dem siebten Jahrestag des noch für viele neuen Regelwerkes stellte man in Marburg und Umgebung fest, dass sich ein Großteil der Bevölkerung nicht daran hielt bzw. es überhaupt nicht kannte.

Die Oberhessische Zeitung wies in ihrer Ausgabe vom 23. November 1906 die Wirte auf den Paragraphen 278 des Bürgerlichen Gesetzbuch mit folgenem Wortlaut hin:

 *Für Wirte. Durch den Aufenthalt eines Gastes in den Restaurationsräumen entsteht zwischen jenem und dem Wirte ein Vertragsverhältnis. Diesem Verhältnis entsprechend ist der Wirt zur ordnungsgemäßen Beleuchtung des Flures, sobald das abnehmende Tageslicht dies nötig macht, insbesondere der Oertlichkeiten, deren Betreten für nicht ortkundige Personen eine Gefahr enthalten könnte, verpflichtet. Durch Unterlassung dieser Vertragspflicht macht er sich schadenersatzpflichtig. Diese Ersatzpflicht kann er nicht dadurch von sich abwälzen, dass er sich zu seiner Entlastung auf ein Verschulden seines Kellners beruft, denn für dieses hat er nach § 278 B.G.B. ebenso wie für sein eigenes einzustehen.

Man bedenke hierzu, dass
  • 1906 noch keine 10 Prozent der Bevölkerung an die Elektrizität angeschlossen waren.
  • zumeist mit offenen Licht hantiert werden musste.
  • die Oertlichkeiten sich meist fernab, teilweise über den Hof, der Gasträume befanden.
  • nur sehr wenige Bürger eine Zeitung lasen.

Die Wirte der beiden Hansenhäuser, Friedrich Schmenner und Ernst Herling, mussten ebenfalls mit mehreren Quellen offenen Lichtes hantieren, da die Oertlichkeiten zu diesem Zeitpunkt noch ausser Haus waren.




Freitag, 2. November 2018

Ansichtskarten von den Hansenhäusern

Unter der Rubrik
Ansichtskarten von den Hansenhäusern

werden in loser Reihenfolge Ansichtskarten des Hansenhaus Rechts und des Hansenhaus Links aus dem 19. und 20. Jahrhundert vorgestellt.

Diese Ansichtskarten stammen zum größten Teil aus der eigenen Sammlung; ein Teil jedoch wurde von Dritten zur Verfügung gestellt.

Hansenhaus Links - Ansichtskarte vom 04.07.1899

Im Jahre 1895 kaufte Ernst Herling von der Witwe Schmenner das Anwesen Hansenhaus Links. Eines seiner ersten Umgestaltungen war der Bau einer Festhalle.

Nach Vollendung dieser wurde eine geschäftsfördernde Ansichtskarte geschaffen.

Das einzelne Gebäude unten links auf der Ansichtskarte ist diese Festhalle.

Nach Recherchen ist diese Motivpostkarte die erste und älteste Ansichtskarte vom Hansenhaus Links.


Donnerstag, 1. November 2018

Ansichtskarten von den Hansenhäusern

Unter der Rubrik
Ansichtskarten von den Hansenhäusern

werden in loser Reihenfolge Ansichtskarten des Hansenhaus Rechts und des Hansenhaus Links aus dem 19. und 2o. Jahrhundert vorgestellt.

Diese Ansichtskarten stammen zum größten Teil aus der eigenen Sammlung; ein Teil jedoch wurde von Dritten zur Verfügung gestellt.

Hansenhaus Rechts - Ansichtskarte vom 25.10.1897

Nach erfolgtem An- und Umbau des Ur-Hansenhaus im Jahre 1896 und Anfang 1897 wurde geschäftsfördernd eine Ansichtskarte geschaffen.

Die hier vorgestellte Ansichtskarte war postalisch gelaufen und wurde am 25. Oktober 1897 von Marburg aus verschickt.
 

Mittwoch, 28. Februar 2018

Täglich nachmittags und abends Konzert


Musik und gute Laune

Das Hansenhaus rechts verfügte schon Anfang der
1930er Jahre über eine umfangreiche Musikübertragungs- anlage. Diese wurde von der Marburger Firma "PHYMA" speziell für die Bedürfnisse des Hansenhaus rechts konstruiert und und installiert. Sämtliche Gasträume, einschließlich Saal und Außenbereich, konnten somit beschallt werden. Die Anlage wurde von einem riesigen
Röhrenverstärker befeuert. Eine für die damalige Zeit
von Größe und Umfang her eine ungewöhnliche Anlage.


Stolzer Kapellmeister Friedrich Carl "Fritz" Schmenner im Jahre 1932 vor seiner Musikanlage. Foto: Nachlass Freia Höhne, geb. Schmenner, Copyright by Wolfgang O. H. Schmenner (WOHSCH / SDS Marburg)
Über 2.000 Schelllackplatten als Tonträger standen zur Verfügung. Alle Musikrichtungen über Klassik, Schlager, Tanzmusik usw. waren vertreten. Ein großer Plattenspieler, der sowohl mit Elektroantrieb wie auch Handkurbel in Gang gesetzt werden konnte sorgte für das Abspielen der Platten.

Für das "Auflegen" der Schallplatten sorgten in erster Linie der Chef Fritz Schmenner sen. und der Weidenhäuser Karl "Petter" Weintraut, von vielen Gästen Konzertmeiser vom Hansenhaus genannt.

Stammgäste wurden regelmäßig mit ihrer Lieblingsmusik erfreut, die dann schon beim Betreten des Lokals oder nach dem Platz nehmen erklang.


Werbeanzeige - Quelle: Universitäts Semesterführer 1936/37
Mitte der 1930er Jahre wurde auf dem Dach der geschlossenen Terrasse (Veranda) noch zusätzlich ein mit Zinkblech verkleideter Außenlautsprecher in den Maßen von ca. 1,20 x 1,20 Meter aufgebaut.

An der Vorderseite des Gehäuses sorgten Lamellen dafür, dass Schall von den im Inneren istallierten 3 Lautsprechern ungehindert austreten konnte. Somit konnten große Außenbereiche beschallt werden. Um die Reichweite zu überprüfen, wurde Karl "Petter" Weintraut auf das Landgrafenschloss beordert, um festzustellen, ob dort die Musik vom Hansenhaus rechts zu hören sei.

Fritz (Friedrich Carl) Schmenner setzte zum vereinbarten Zeitpunkt die Musikanlage mit höchster Lautstärke in Betrieb und tatsächlich war die Musik vom Hansenhaus auf dem Schloss zu hören. Allerdings gab es zu dieser Zeit noch nicht so viel verkehrsbedingte Nebengeräusche.

Das Ende der großen Musikanlage aus den 1930er Jahren kam im Jahr 1945. Nach Freigabe des von der amerikanischen Besatzungsmacht beschlagnahmten Hansenhaus rechts fand Fritz (Friedrich Carl) Schmenner eine total zerstörte Anlage und Hunderte
von zerbrochenen Schelllackplatten vor.

Ende der 1940er Jahre wurde eine neue Anlage installiert, die dann ständig dem technischen Fortschritt angepasst wurde.


Zuletzt war eine kompakte BRAUN Musikanlage, bestehend aus einem Röhren-Radio, Verstärker und unter einem Deckel befindlicher 10er Wechsler für Schellackplatten installiert. Die Besonderheit dieser Musikanlage war der Radioteil, dieser verfügte bereits über UKW. Diese Anlage hatte die Maße von rd. 70 x 40 x 40 cm und wog ca. 25 kg. Im Rahmen von Renovierungsarbeiten wurde 1965 die BRAUN Musikanlage deinstalliert. Sie wurde anschließend noch bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts privat weiter genutzt. 

Übrigens, die Beschallungsanlage für die Freiflächen des Hansenhaus rechts war die seinerzeit größte und leistungsfähigste auf Dauer fest installierte Anlage in Marburg. 


Hubertus Schmenner erinnert sich: 
Der Plattenspieler rechts im Bild stand später noch bis Ende der 1940er/Anfang der 1950er Jahre im Wohnzimmer. 

Das Gerät würde man heute als einen Hybridplattenspieler bezeichnen. Er war für seine Zeit ungewöhnlich. Der Plattenteller verfügte über 2 Antriebe, einmal per Handkurbelaufzug und einmal mit elektrischem Antrieb. Ebenso waren 2 Tonabnehmer vorhanden. Ein sogenannter Membranabnehmer für den im Unterschrank hinten Türen verborgenen und mit Stoff und Holz- schnitzerei abgedeckten Trichterlautsprecher. 

Der zweite Tonabnehmer wurde für die externe Verstärker- und Lautsprecheranlage benutzt. Bis Ende der 1930er Jahre war dieser Plattenspieler im Einsatz und dann durch ein moderneres Gerät ersetzt, auf dem ich dann auch Platten auflegen durfte. Der alte Plattenspieler, der dann im Wohnzimmer stand war immer noch (per Kurbel und eingebautem Lautsprecher) funktionstüchtig und ich habe noch lange darauf Schellackplatten abgespielt.

Stolzer Kapellmeister Friedrich Carl "Fritz" Schmenner im Jahre 1932 vor seiner Musikanlage. Foto: Nachlass Freia Höhne, geb. Schmenner, Copyright by Wolfgang O. H. Schmenner (WOHSCH / SDS Marburg)


Hubertus Schmenner erinnert sich:
Die Veranda wurde 1933 erbaut. Kurz danach wurde bereits der große Lautsprecher auf dem Dach installiert. Er wurde mit einem riesigen 12 Röhrenverstärker befeuert, der eine gute Kühlung brauchte. War er voll aufgedreht, konnte man die Musik bis in die Stadt und Schloß hören.
Am Wochende war der Weintrauts "Petter" Kapellmeister. In der Woche machte es Friedrich Carl "Fritz sen." selber oder Fritz jun. als er älter war. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren durfte ich die Platten auflegen.
Beschwerden von Gästen kamen nicht. Viele Stammgäste hatten ihre Lieblingsmusik / Lieder die aufgelgt wurden, wenn sie zu Gast waren. Die meisten warteten schon darauf.
 Einer der wenigen Beschwerdeführer war der aus Holland stammende Professor Hermann Wirth Roeper-Bosch (Spitznamen: Hallap / Dippeteemann) aus der benachbarten Villa Ehrenburg. Friedrich Carl "Fritz sen." zog dann eines Tages mit einigen Kumpels auf das Nachbargrundstück und stellte Messlatten auf. Als Prof. Wirth nach dem Grund fragte, sagte Fritz sen, dass er das Grundstück für den Bau eines Waisernhauses und Kindererholungs- heims verkaufen wollte. Prof. Wirth könnte sich noch aussuchen, ob er von morgens bis abends Kinder- geplärr hören wolle oder lieber am Nachmittag schöne Musik. Die Beiden einigten sich darauf, dass der Lautsprecher in Betrieb bleiben konnte und die Dauer der Musik auf die Zeit zwischen 15.00 und 22.00 Uhr beschränkt wurde.
Blick auf das Hansenhaus Rechts und den großen Lautsprecher auf dem Dach der Veranda - 1940er Jahre - Foto: Nachlass Freia Höhne, geb. Schmenner, Copyright by Wolfgang O. H. Schmenner (WOHSCH / SDS Marburg)


Die große Lautsprecheranlage mit den Gehäuse-Aussenmaßen von ca. knapp 120 x 120 x 100 cm auf dem Dach der Veranda wurde erst im Jahre 1965 im Rahmen einer Dachsanierung entfernt. Sie war bis zu diesem Zeitpunkt voll funktionsfähig.

Blick auf das Hansenhaus Rechts und den großen Lautsprecher auf dem Dach der Veranda - 1930er Jahre - Foto: Nachlass Freia Höhne, geb. Schmenner, Copyright by Wolfgang O. H. Schmenner (WOHSCH / SDS Marburg)


Das nachfolgende Foto ist im Jahre 1953 entstanden. Hoch oben auf dem Flachdach der Veranda thront der große Lautsprecher. Im Gastgarten werden die Gäste von Fritz Schmenner sen, (mit dem Rücken zum Fotografen), seiner Tochter Hella Schmenner und seinem Sohn Fritz Schmenner jun. bedient.

1953 - Nachmittags im Wirtshausgarten - Der große Lautsprecher thront über allem auf dem Flaschdach der Veranda. - Quelle: Nachlaß Freia Höhne geb. Schmenner - Copyright by Wolfgang O. H. Schmenner (WOHSCH  / SDS Marburg)

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Sonntag, 25. Februar 2018

Die erste Zentralheizung

Entgegen dem damalig beginnenden Trend der Investitionsmüdikeit und der sich daraus anbahnenden Weltwirtschaftskrise wurde im Hansenhaus Rechts zu Marburg an der Lahn im Jahre 1927 kräftig investiert.


Das Marburger Unternehmen Konrad Wiesner aus der Rotenbergstraße plante und baute die erste Zentralheizung im Hansenhaus Rechts. 

Betrieben wurde die Anlage mit Koks und / oder Holz. Zum Anfeuern wurden getrocknete, im Herbst in Massen gesammelte, Tannenzapfen und getrocknetes Reisig verwendet. Das Holz und das Reisig wurden in Schuppen, die Tannenzapfen dagegen wurden auf einer 80 qm großen Fläche auf dem Dachboden des Haupthauses gelagert.

Der Heizungsraum mit Kessel sowie der benötigte Kohlenkeller wurden unter dem Festsaal placiert und konnte nur über eine Falltür im Toilettenvorraum erreicht werden. Damit das benötigte Brennmaterial nicht durch die Gasträume getragen werden musste, wurde an der östlichen Aussenseite, in der Höhe des  heutigen Eingangs, ein Schacht angelegt.

Bei der Planung der Zentralheizung wurde damals schon berücksichtig, dass der große Vorratsraum und die Räucherkammer im ersten Obergeschoß nicht beheizt werden durfte. Dort lagerten die Vorräte, das Eingemachte und die damals schon in Stadt und Land bekannten Würste und Räucherwaren aus eigener Schlachtung. Dieser Vorratsraum wurde im Jahre 1972 stillgelegt.


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Die im Jahre 1927 von Konrad Wiesner installierte Heizungsanlage hat bis Mitte der 60er Jahre (Umstellung auf Heizöl) ohne nenneswerten Beanstandungen ihren Dienst versehen. 






Mittwoch, 7. Februar 2018

Die 5. Jahreszeit im Hansenhaus

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Marburger Karneval

 

Die Samstage zwischen Neujahr und Rosenmontag waren bei den Marburger Karnevalisten ein hoch begehrtes Gut. 

Um einen dieser begehrten Samstage zu ergattern, standen die Marburger Vereine und Institutionen alljährlich bei den Marburger Festsaalbesitzern Schlange.

Gemeinschaftshäuser und für jedermann zugängliche und buchbare Verbindungshäuser gab es noch nicht. Besonders in den Jahren mit einer kurzen fünften Jahreszeit kam es oft zu Engpässen. Einige Vereine mussten dann auf den damals unbeliebten Freitag ausweichen. 

Jeder Verein legte besonderen Wert auf eine eigene Dekoration. Schon Tage vor dem eigentlichen Termin wurden die Säle entsprechend geschmückt.


Fasching der Marburger Feuerwehr


Das nachfolgende Foto zeigt im Hintergrund einen Teil der Faschingsdekoration der Marburger Feuerwehr. Im Vordergrund sehen wir die Mannschaft des Hansenhaus Rechts vor dem Festbeginn.


Vor der Faschingdekoration der Marburger Feuerwehr wartet die Mannschaft von Friedrich Carl „Fritz“ Schmenner (Mitte), von links: Hella Schmenner, Seppl Krapp, Jakob Boß, Fritz Daub u. Dine Schwarz auf den Beginn der Faschingsveranstaltung.      Quelle: Nachlass Freia Höhne, geb. Schmenner; Copyright: Wolfgang O. H. Schmenner (WOHSCH / SDS Marburg)




 Hubertus Schmenner erinnert sich:
Die Dekoration im Saal wurde für eine Faschingsveranstaltung der Marburger Feuerwehr hergerichtet. Der ganze Saal wurde im Stiel einer Bayern Landschaft dekoriert. Ich meine, es war 1951 oder 1952. Der beiden Kellner waren Seppl Krapp aus Weidenhausen (im Hauptberuf Schneider wie Hermann Immel) und der andere war Fritz Daub. Er wohnte am Hainweg. Rechts auf die Foto ist Dine Schwarz zu sehen. Sie war zu dieser
Zeit Hausmädchen im Hansenhaus Rechts und stammte aus Wittelsberg.
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Mittwoch, 31. Januar 2018

Friedrich "Fritz" Klingelhöfer - Teil 1

Fritz "Friedrich" Klingelhöfer,
gemalt in Öl von Carl Bantzer
Bildarchiv Foto Marburg: fm221272.
Dem ersten international bekannten Marburger Maler Friedrich "Fritz" Klingelhöfer ist es zu verdanken, dass es vom Hansenhaus Rechts ein Gemälde in Öl aus dem Jahre 1897 von der nach Osten zugewandten Seite gibt.

Fritz Klingelhöfer stand mit seiner Staffelei an der Grenze zum Staatsforst, nahe der neu erbauten Revierförsterei Hansenhaus. Er malte dieses Bild sehr wahrscheinlich in den Morgenstunden um die frischen Lichtstrahlen der in seinem Rücken aufgehenden Sonne auszunutzen. 

Bildarchiv Foto Marburg: fm221331
Leider wird dem breiten Publikum das Gemälde nur in Form einer Schwarz-Weiss-Reproduktion zur Verfügung gestellt. Diese wurde im Jahre 1968 während einer Ausstellung von Bildern von Friedrich "Fritz" Klingelhöfer im Kunstmuseum der Philipps-Universität angefertigt. Das Originalgemälde befindet sich in Privatbesitz.

Der Marburger Landschaftsmaler malte das Hansenhaus Rechts zwischen zwei Bauphasen. Der heutige Gastraum mit Theke (die Wirtschaft) war kurz vorher aufgestockt worden. Der Anbau des Saalbebäudes (heute Speisesaal) war noch nicht begonnen.

Der Architekt August Dauber erinnerte mit einem Artikel in der Ausgabe Nr. 26 der Oberhessischen Zeitung vom 31. Januar 1920 an den ersten international bekannten Marburger Maler Fritz (Friedrich) Klingelhöfer: 

Oberhessische Zeitung – Nr. 26 – 31. Janur 1920 

Der Marburger Maler Fritz Klingelhöfer 

Wenn dereinst die Forschung sich der Geschichte der Marburger Malerei des 19. Jahrhunderts zuwenden wird, ist dabei eines hervorragenden Künstlers und Menschen zu gedenken, dessen hohe Kunst in der Heimatstadt Marburg wurzelt und dessen Spätzeit wir zahlreiche interessante Schilderungen seiner engeren und weiteren Heimat verdanken, die für deren Kultur von besonderem Werte sind und sie ihm zu dauerndem Danke verpflichten müssen. Es ist der Maler Fritz Klingelhöfer, dessen Persönlichkeit uns Marburgern noch im Gedächtnis und dessen Werke wir mit entstehen sahen.

Es ist dem damals noch auf hoher Stufe stehenden Mal- und Zeichenunterricht der hießigen höheren Schulen zuzuschreiben, daß auch dieses Talent früh erkannt und gefördert wurde. Am 4. Mai 1832 in Marburg in einem jetzt verschwundenen Hause an der alten Biegenbrücke am Pilgrimstein geboren als der älteste Sohn des Amtswundarztes Jakob Theodor Klingelhöfer, eines alten Kurhessen, dessen Geburtsort Schweinsberg war, und seiner Ehefrau Christine geb. Deiner, einer gebürtigen Nassauerin, aus Diez a. d. Lahn, erhielt er den ersten Unterricht unter den Malern Hach und Gustav Creuzer, dem feinsinnigen Maler der Romantik, dessen Wirken uns eine kleine Ausstellung seiner Werke im letzten Jahre zeigte, in der damaligen Realschule.

Sehr gegen den Willen seines Vaters, der ihn bei dem damaligen Darniederliegen der künstlerischen Betätigung gern seinem Berufe zugeführt hätte, wandte er sich in jungen Jahren ganz, dem inneren Drange folgend, der hohen Kunst zu und bezog mit 16 Jahren die Kunstakademie in Cassel. Hier fand er die Grundlage für seine fernere Entwicklung, und begeisterte Freundschaft auf Lebenszeit verband ihn mit gleichgesinnten Künstlern, von denen die Namen des Fritz von Wille, Theuerlauf und Arenz später bekannt wurden, Bedeutung gewannen. Diese bestimmten ihn auch, den Casseler Aufenthalt mit dem an der damals in hoher Blüte stehenden Akademie in Düsseldorf zu vertauschen. Gar oft schilderte er in trauter Runde begeistert seine dortigen Erlebnisse in der Künstlergesellschaft „im Malkasten“. Hier war es vor allem Achenbach, der dauernden Einfluß auf sein Leben gewann und ihn zum ausgesprochenen Landschafter werden lies.

Der immer stärker werdende Widerstand des Vaters gegen sein selbstgewähltes Lebensziel veranlaßte ihn im Jahre 1851 sich auf eigene Füße zu stellen, und so ist er mit 19 Jahren nach Amerika ausgewandert. Nach mancherlei Irrfahrten in diesem Lande der unbegrenzten Möglichkeiten faßte er jedoch bald Fuß, wobei ihm seine außergewöhnliche Gewandtheit, malte er doch fast alle Bilder „in prima“ fertig, zustatten kam.

Er war als Illustrator für große Zeitungen tätig und fand eine Anstellung an einem der vornehmsten Töchterinstitute der Südstaaten als Professor der Malkunst mit 700 Dollar Jahresgehalt. Durch die 3-4 Monate sich ausdehnenden Ferien blieb ihm genügend freie Zeit für seine künstlerischen Neigungen.

Diesem Aufenthalte hatte er es zu verdanken, daß er ganz gegen seine Überzeugung zum Eintritt in die Armee der Südstaaten in dem nordamerikanischen Bruderkriege gepreßt wurde, welchem Zwange er jedoch alsbald durch die Flucht entrann. Nach seiner ersten Rückkehr im Jahre 1871 erhielt er von seinem Freunde Mittler, einem geborenen Wetteraner, aus Amerika die Nachricht, daß ihm die Stelle an dem Töchterinstitut wieder offen sei.

Dem Wunsche der Mutter, die ihn nach dem langen Fernsein und des Vaters Tode in der Nähe behalten wollte, kam er gern nach und zog nach München, wo er reichen Absatz für seine Bilder bei den nach dem erfolgreichen französischen Kriege nach der Heimat zurückkehrenden Deutsch-Amerikanern fand. Hier trat er mit manchem Künstler von klangvollem Namen wie J. A. von Kaulbach, Wilhelm Busch u. a. in engeren Verkehr, und manch heitere Episode wußte er von ihnen und dem Leben in dem Künstlerkreise der „Allotria“ zum Besten zu geben.

Sein Wandertrieb ließ ihn jedoch nicht lange an der Heimatscholle haften. Den Antrag aus Amerika hatte er ausgeschlagen und wurde hier mit dem Afrikareisenden Dr. Claus, einem Marburger, bekannt, der in Klingenhöfer den geeigneten Begleiter, einen der Sprache gewandten Mann, fand und ihn bestimmte, ihn nach dem Neuland Afrika, der Kongogegend, zu begleiten, um ihn bei dem Tauschhandel mit den Eingeborenen zu unterstützen. Klingelhöfer sagte umsomehr zu, als er reiches Material für seine Studienmappe erhoffte, und den klimatischen Einflüssen sich gewachsen fühlte, nachdem er doch auch in Amerika längere Zeit in den Tropen gelebt hatte. Im Jahre 1873 fuhr er mit einem Woermann - Segelschiff nach Afrika. Neben dem Tauschhandel blieb ihm hinreichend freie Zeit zu seiner künstlerischen Betätigung, der er sich voll und ganz hingab. Es sind mit die ersten farbigen Schilderungen der fernen Tropen Afrikas, die wir seiner geübten Hand verdanken. Er war einer der Pioniere, die deutschen Geist und Kultur nach dem fernen Erdteil brachten, uns die Kenntnis unserer späteren Kolonien vermittelte.

Das Handelshaus Woermann in Hamburg gab ihm den Auftrag, dessen dortige Faktoreien im Bilde festzuhalten, und deren Vertreter gaben hm weitere Aufträge zu neuen Schöpfungen.

Mit besonderem Interesse lernte er durch seine Reisen die heimischen Negerstämme kennen. Ihre hohe Kultur veranlaßte ihn zur Sammlung deren Produkte, Waffen und Ausrüstungsgegenstände, wozu der Tauschhandel die Grundlage abgab. Diese Neigung verstärkte der Verkehr mit dem Afrikareisenden Professor der Geographie Dr. Bastian, dem Gründer und späteren Direktor des Völkermuseums in Berlin, in dessen Auftrag er planmäßig vorging. Dieser Tätigkeit Klingelhöfers verdanken wir eine Anzahl Räumeaustattungen obigen Museums über Leben und Treiben der Negerstämme Zentralafrikas, deren Ausstellung er nach seiner Rückkehr persönlich leitete. Manche seltene Stücke verdankt das Museum seiner Richtung.

Seine Rückkehr im Jahre 1876 bedeutete für Marburg ein Ereignis. Neben den mancherlei Kleidungs- und Ausrüstungsstücken der Negerstämme für Krieg, Jagd und Fischerei, Weberei, Elfenbein- und Goldschmiedekunst, die von ihrer hohen Kultur ein getreues Bild gaben, waren es lebende Tiere und Reptilien, ausgestopfte Vögel und deren präparierte Bälge, die Aufsehen erregten. In dieser Zeit wuchs das Interesse für das fernliegende Land, und durch die interessanten Vorträge und Publikationen Bastians fanden Klingelhöfers afrikanische Bilder viele Liebhaber.

Auf Veranlassung Bastians unternahm er im Jahre 1876 seine zweite Afrikareise, die ihn weiter nach dem Inneren brachte und größere Expeditionen ausrüsten ließ. Die Früchte seiner Reise zieren noch heute das Berliner Völkermuseum. Vor allem bereicherte er auch hierbei seine Studienmappe mit herrlichen Studien aus Afrikas Tropen und aus den Ländern der Rückreise von Madeira, Spanien und Portugal herrührend.

Nach der Rückkehr im Jahre 1879 lebte er in Marburg und verbrachte den Winter in Düsseldorf und Weimar, wo er mit dem Maler Pilz bekannt wurde, dem wir schöne Genrebilder von Marburgs Umgebung verdanken. Später zogs ihn nach Berlin. Den Sommer verbrachte er in Marburg, wo er dauernd den zahlreichen Aufträgen nach den afrikanischen Schilderungen nachkommen mußte. Wie er selbst sagte, kam er damit in Mode. Seine Bilder fanden reißenden Absatz. Gar manches Gutshaus in der Mark und Ostpreußen zeigen seine Schöpfungen, die hier in der engeren Heimat nur spärlich vertreten sind. Auch hier erwachte seine Sammlertätigkeit, die ihn in seiner späteren Zeit nie verließ und ihn zum Kunsthändler im idealen Sinne werden ließ. Gar mancher Herrensitz Deutschlands, auch die Marienburg in Westpreußen, das Germanische Museum in Nürnberg, die Museen in Cassel, Frankfurt und Darmstadt, sowie dasjenige auf dem hiesigen Schlosse, danken ihm mit die besten Stücke. Noch heute gleicht seine Wohnung in der Reitgasse, die sich unverändert erhalten, einem intimen Museum von malerischem Reize.

Das überaus reiche Studienmaterial seiner afrikanischen Reisen hatte berechtigte Bewunderung und Aufsehen erregt. Leider blieben ihm die Früchte dieser anstrengenden Jahre versagt. Sein bestes Material wurde ihm durch die Untreue eines Schülers gestohlen, der es, als er sich entdeckt sah, vernichtete. Dieser harte Schlag nahm ihm jede Schaffenslust und Lebensfreude. Erst allmälich fand er Trost in seiner Kunst. Diesem Zufall verdanken wir es vor allem, daß er sich in den Schönheiten der engeren Heimat wiederfand. Es waren herrliche Gesamtbilder von Marburg, gesehen von allen Himmelrichtungen in allen möglichen Variierungen seiner Vorder- und Hintergründe. Dann weiter stimmungsvolle Schilderungen seiner stillen Gassen und trauten Winkel, die jedoch größtenteils an Alt-Marburger nach Amerika verkauft wurden. Es sind auch mit die besten farbigen Gesamtbilder Marburgs geblieben. Nochmals später, 1901, als es galt, dem Lloydampfer „Marburg“ ein Bild der Stadt zu Verehren, erinnerte man sich des Meisters Klingenhöfer, der die gestellte Aufgabe hervorragend löste, dieses ist sein letztes Stadtbild geblieben.

Auch in den Dienst der Kritik stellte er die Kunst, als damals die Schuhmarkttreppe nach der Reitgasse, eine städtebaulich interessante Anlage, beseitigt wurde. Zwei Bilder geben Zeugnis davon, wie sich das Städtebild vor und nach der Beseitigung ausnimmt und welche Werte verloren gingen.

Seine produktive Zeit als Maler in der engeren Heimat fällt erst nach seinem 60. Jahre. Sie zeigt den Meister in voller Reife und Schaffenskraft. Manches schöne Werk dieser Zeit ist noch im Besitze der jetzt hochbetagten Schwester geblieben, soweit sie nicht inzwischen in den Besitz von Liebhabern und Sammlern übergingen. Es sind Schilderungen der Gegend von Niederwalgern, dem Salzböde- und Lumdatal, dem Ohmtal und dem Waldeckerlande, dem Tal der Orke und Itter.

Eine der letzten größeren Arbeiten war ein Auftrag des Gutsbesitzers Hofmann, dessen altehrwürdiger Deutschhaushof in Marburg der Stadterweiterung zum Opfer fiel. Es galt ihn im farbigen Bilde festzuhalten und dabei noch solcher Teile zu gedenken, die längst verschwunden. In 8 Einzelbildern und einem Gesamtbilde hat er diese für unsere Ortsgeschichte bedeutsame Aufgabe vollendet gelöst. Nachdem sich die Familie zerstreute, und der neuerbaute Besitz in andere Hände überging, wäre es vielleicht möglich, diese Bilder für unser im Aufblühen befindliches Stadtmuseum zu erwerben und damit für Marburg zu retten. Sie haben ganz besonderes ortsgeschichtliches Interesse.

Neben dem feinsinnigen, bescheidenen Künstler ist es jedoch der prächtige, treue Mensch und Gesellschafter, dessen feines Gemüt allabendlich einen zahlreichen Freundes- und Bekanntenkreis im sogenannten „Golf“ um sich vereinte. Mit seinen humorvollen Schilderungen aus der Wanderzeit und dem interessanten Verkehr mit bedeutenden Menschen bildete er stets den Mittelpunkt der Gesellschaft und Führer der geistvollen Unterhaltung. Sein hervorragendes Sprachtalent, das ihn besonders bei dem langen Aufenthalt in den Tropen nicht verließ, beherrschte er doch eine ganze Anzahl der Negerdialekte, kam ihm hierbei zugute. In dem Bilde seines Freundes Carl Bantzer ist der Mensch und Künstler Fritz Klingelhöfer auf Beste der Nachwelt erhalten.

Gar mancher junge Künstler erhielt bei ihm Anregung und Förderung. Noch in seinen letzten Lebensjahren vereinigte er eine größere Schar talentvoller Schüler und Schülerinnen um sich, denen er die Schönheiten der Heimat begeistert zu schildern wußte. 

 Seine persönliche Freundschaft und sein Verkehr mit allen führenden Meistern des hessischen Kunstschaffens in Cassel, Willingshausen, Frankfurt und Marburg selbst, prädestinierten ihn zu ihrem Mittelpunkt. Alle diese Meister gaben sich bei unserem „Massa“, wie er genannt wurde, ein Ste.dichein, sodaß sein Tod, der infolge eines Schlaganfalles am 9. November 1903 eintrat, auch in diesem Sinne sehr bedauert wurde.

Die kleine Ausstellung bei Elwert hier vereinigt eine Auswahl seiner hinterlassenen Werke aus der Afrikaperiode und dem letzten Lebensabschnitt, die ein getreues Bild von dem Wirken und den Leistungen des Meisters geben. Sein erstes größeres Oelbild aus der Casseler Zeit, ein Stilleben mit einem mächtigen Hunde, verdanken wir der Pietät der lebenden Schwester, da er selbst es zu gern später übermalt hätte. Die Familienbilder gehören der Amerikazeit an und sind mit die ersten bekannten Werke Kingelhöfers bis auf des Vaters Bildnis. Dieses stammt von dem Marburger Maler Lauer, der später in Rußland Professor wurde und dort verstorben ist.

Die afrikanischen Bilder zeigen Klingelhöfer in seiner Vollkraft. In ihrer sonnigen Stimmung und üppigen Farbenpracht erkennen wir so recht den Zauber der Tropen, und es ist zu leicht zu verstehen, daß ihr erstes Auftreten in Berlin berechtigtes Aufsehen erregte. Man glaubt ein Feenland vor sich zu haben. Sie sind duftig gemalt mit weiten, fein abgetönten Fernen, was wohl sein Eigenstes ist. Meisterhaft sind vor allem die heimischen Werke aus seinem letzten Lebensabschnitt in Zeichnung, Auffassung und Farbengebung. Der sonnige Hauch, der die Bildwerke überzieht, ruht wohl noch von der ihm aus der afrikanischen Zeit anhaftenden Malweise her. Alle Motive sind äußerst geschickt gewählt und der Natur ziemlich nahe gebracht.

Zu bewundern ist, mit welcher Sicherheit er die verschiedensten Stimmungen und Beleuchtungen spielend festzuhalten wußte.

Er ging in seinen Werken voll auf und beachtete trotz hohen Alters nicht die Strapazen und Entbehrungen, denen er bei der Ausführung ausgesetzt war. Stets war es sein goldiger Humor, der ihm alles verschönte, und manch heiteres Erlebnis wußte er bei Rückkehr von seinen Studienfahrten im näheren Bekanntenkreise zum Besten zu geben.

Seine Sammlertätigkeit ging über den Rahmen des Alltäglichen weit hinaus und war ihm zu Passion geworden. Sein Name hatte bei den Leitern unserer großen deutschen Museen einen guten Klang, und selten versäumten diese Herren auf ihren Reisen bei ihm einzukehren und aus seinen Ateliers, die voll solch alten Krams steckten, reiche und wertvolle Beute zu gewinnen. Neben den Bildwerken bedeutender Meister waren es vor allem Werke der Möbel- und Kleinkunst, der Kostüm- Goldschmiedekunst, der heimischen und hessischen Keramik und Fahencemalerei, der er mit großer Liebe nachging. Man meinte in ein Märchenland zu kommen, wie mir einmal Professor Max Länger bemerkte, wenn man durch das Neben- und Uebereinander in seinen Sammlungsräumen und Ateliers kam, die weniger Ordnung als malerisches Durcheinander aufwiesen. Am malerischsten war natürlich der Meister selbst, wenn er inmitten des Chaos emsig an der Staffelei saß mit der charakteristischen dünnen Negerzigarre im Munde, wie er uns im Bantzerischen Bilde getreu erhalten ist.

Nun ruht er schon seit Jahren auf dem alten Weidenhäuser Friedhofe in Marburg an der Seite seiner Eltern von seinem Schaffen aus. Dieses Recht hatte er durch den Wohnsitz der Eltern am Pilgrimstein erworben. Sein Geist und Bild ist noch heute bei seinen Freunden und Verehrern lebendig. Daß es auch im weiteren Kreise lebendig bleibe, dazu mögen diese Zeilen dienen und ein Denkmal bedeuten für den weitgereisten Forscher, den bescheidenen Künstler und nicht zuletzt für den tüchtigen Sohn seiner Vaterstadt.

Marburg, im Januar 1920.
August Dauber


 

Unter der Quellnummer 105 auf Seite 963 des Buches Marburger Geschichte - Rückblick auf die Stadtgeschichte in Einzelbeiträgen - ISBN 3-9800490-0-0 befindet sich nachfolgender Vermerk:
Das Marburger Universitätsmuseum für Kunst und Kulturgeschichte versammelte im September/Oktober 1968 insgesammt 77 Gemälde Klingelhöfers, das heißt alle damals erreichbaren Werke zu einer Ausstellung. Ein Katalog konnte nicht gedruckt werden, doch fertigte das Bildarchiv Foto Marburg von allen damals bekannten und von einigen später bekanntgewordenen Gemälden Aufnahmen an.
Ferner lesen wir auf Seite 963
Während in älterer Zeit unter den in Marburg lebenden Malern Lehrer-SchülerVerhältnisse nicht zu erkennen sind, ist im 19. Jahrhundert eine, wenn auch nur lose, Verbindung zwischen den Generationen zu beobachten. Hach und Creuzer unterrichteten Friedrich Klingelhöfer, er wiederum wurde zum Mentor des jungen Carl Bantzer in dessen Berliner Zeit.

 Nachfolgend noch ein Ausschnitt mit Foto aus dem Jahre 1987 aus dem Artikel
Kulturhistorisch bedeutsam, doch vom Vergessen und Verfall bedroht: DER ALTE JOSTFRIEDHOF

von dem Marburger Lokalhistoriker und Pfarrer i.R. Friedrich Dickmann.

Grabstätte des 1903 verstorbenen
Malers  Fritz Klingelhöfer im Jahre 1987

Unweit der Südseite der Kapelle befindet sich das verstümmelte Marmorkreuz des Malers Fritz Klin­ gelhöfer, der 1903 als 73-jähriger starb und neben seinen Eltern
... und im Jahre 2017
beigesetzt wurde. Seine Lehrjahre, so erzählt Georg Rumpf, verbrachte er in Amerika, seine Wanderjahre in Afrika. Viele seiner farben­ prächtigen Ölgemälde befinden sich im Privatbesitz Marburger Familien, einige auch in unserem Museum. Zusammen mit den Malern Bantzer, Giebel, Baum und Thielemann gehörte Klingelhöfer zu der bekannten Malerkolonie von Willingshausen in der Schwalm. Klingelhöfers Mutter, eine gebore­ne Deinert, stammte aus Weidenhausen, so daß der Maler, der in der Reitgasse 4, dem ehemaligen Caffe Markees, gewohnt hatte, berechtigt war, auf dem Weidenhäuser Friedhof zu ruhen. 


Im Teil 2 wird eine Kopie der Original Zeitung "Oberhessische Zeitung" mit dem Artikel von August Dauber vorgestellt.

Teil 2: In Bearbeitung